Direkt zum Inhalt

Barrierefreiheit in Bochum: Wer macht mit bei Vereinsgründung?

20.08.2024
Flyer zur Mitgliederwerbung

Milton Merlano, Versicherungsangestellter aus Bochum, möchte dazu beitragen, dass Bochum barrierefreier wird. Lange Zeit hat er die Situation in der Innenstadt hingenommen, wie sie ist. Nur auf dem heimischen Sofa hat er geschimpft, erzählt er. Aber 2022 ist ihm klar geworden, dass er selbst etwas tun möchte, und jetzt sucht er Bochumer*innen, die gemeinsam mit ihm einen Verein für Barrierefreiheit in Bochum gründen.

Der Auslöser: Im Jahr 2022 wurde in Bochum das Projekt „Autofreie Innenstadt“ aufgelegt. Mehrere Behindertenparkplätze wurden dabei an andere (ungünstigere) Orte verlegt oder ganz weggekürzt, so Merlano. „Klimaschutz und City-Aufwertung ja, aber bitte mit Empathie für Menschen mit Behinderung!“ Die hat er bei der Durchführung vermisst und sich zuerst an das Inklusionsbüro der Stadt gewendet. Dort bekam er den Tipp, bei der VHS Bochum die Kursreihe „Mach mit! So geht Politik“ zu besuchen. Merlano hat von diesem gemeinsamen Angebot des Bochumer Referats für Gleichstellung, Familie und Inklusion, der VHS, der AG Behinderte, der Ehrenamtsagentur sowie der KSL Arnsberg und Düsseldorf profitiert. Er bekam viele konkrete Tipps, wie er seine Anliegen öffentlich machen kann. Zur Info: es findet im November ein weiterer Kurstag mit dem KSL Arnsberg an der VHS Bochum statt. Infos hier.

Die Vereinsziele: Mit seinem neu zu gründenden Verein möchte Merlano den Schwerpunkt auf Barrierefreiheit in Bochums Gastronomie und Handel setzen und eine rechtssichere und vertrauenswürdige Organisationsstruktur für zukünftiges Engagement schaffen. Ein Hotspot Bochumer Gastronomie ist das Bermudadreieck. „Von den rund 60 Kneipen, Cafés und Restaurants in diesem Bereich sind nur drei Restaurants wirklich barrierefrei.“ Für ihn als Rollstuhlfahrer bedeutet das: er kann vielleicht mit seiner Freundin in einem zugänglichen Restaurant essen gehen (oft ist nur der Außenbereich barrierefrei), muss dann aber einen weiten Weg durch die Fußgängerzone zurücklegen, um zum nächsten behindertengerechten WC zu gelangen. Die Freundin sitzt in der Zwischenzeit gut 20 Minuten allein am Restauranttisch.

Die Lösung könnte sein, nur noch barrierefreie Restaurants aufzusuchen, aber damit möchte sich Milton Merlano nicht zufriedengeben. Die Anzahl behindertengerechter Toiletten zu erhöhen ist das Fernziel des engagierten Bochumers: Als erstes möchte er erreichen, dass Menschen mit Rollatoren, Rollstühlen oder auch Kinderwagen zukünftig erheblich mehr Ladenlokale und Gastronomiebetriebe in Bochum nutzen können.

Merlano möchte mit und über seinen Verein die Betreiber unzugänglicher Ladenlokale ansprechen, ob sie mit einer Rampe ihr Geschäft barrierefrei machen. Wenn eine Rampe fest installiert wird: perfekt. Falls eine anlegbare Rampe angeschafft wird, die nur bei Bedarf zum Einsatz kommt, möchte Merlano erreichen, dass außen eine Funkklingel in Rollstuhlhöhe angebracht wird. „Die kostet im Baumarkt oder im Versandhandel nur um die 20 Euro, aber sie ermöglicht Menschen draußen, sich auf einfache Weise im Laden bemerkbar zu machen.“ Sogar wenn ausschließlich eine Klingel vorhanden sei, bestehe die Möglichkeit, den Service eines nicht zugänglichen Geschäfts zu nutzen, beispielsweise zum Brötchenkauf, erläutert Milton die Vorzüge dieser kleinen Investition. Ein Aufkleber des Vereins könnte zukünftig wie ein Siegel den Anreiz zum Mitmachen bieten.

Das Vorgehen: Milton Merlano möchte in kleinen Schritten vorwärts gehen. „Wenn man sich zu hohe Ziele steckt, besteht die Gefahr, dass man scheitert.“ Er hat schon einen ersten Misserfolg hinnehmen müssen. Nachdem er für ein Restaurant eine Holzrampe zur Überwindung vier flacher Stufen vor der behindertengerechten Toilette hatte planen lassen, scheiterte die Umsetzung an den Kosten: 1000 Euro waren dem Gastronomen zu teuer. Dafür hat Merlano Verständnis, und ist generell der Meinung, dass es wichtig ist, kompromissbereit und gut miteinander umzugehen. Er hofft aber, dass sein Verein künftig in der Lage sein wird, Spenden zu sammeln und Inhaber*innen mit einem Zuschuss die Entscheidung zur Barrierefreiheit zu erleichtern.

Die Vereinsgründung: Einen Satzungsentwurf hat Merlano schon in der Tasche. Jetzt sucht er Menschen, in den verschiedenen Funktionen mitarbeiten möchten. Jede(r), die/der Interesse hat sollte sich melden. Eine Behinderung ist ausdrücklich keine Voraussetzung für die Mitgliedschaft, aber Menschen mit Behinderungen sind willkommen, auch um ihre Erfahrungen mit unterschiedlichen Einschränkungen einzubringen. Schließlich sei er nur Experte für den Bedarf von Rollstuhlnutzenden, so Merlano.

Die Vereinstreffen sollen nach Bedarf stattfinden. Dafür hat Merlano bereits einen Raumzusage bei der AWO an der Bleichstraße 8. Zuerst muss aber eine konstituierende Sitzung mit Gründungsprotokoll stattfinden. Danach könnten viele Arbeiten für den Verein auch von zu Hause erledigt werden. Langfristig sollen Treffen etwa alle zwei Monate ausreichen. Der Austausch zwischendurch werde häufig übers. Smartphone erfolgen, zeige die Erfahrung.

Wenn Milton Merlano sich jetzt auf sein Sofa setzt, hätte er immer noch Gründe, zu schimpfen, aber stattdessen beschäftigt er sich mit der Lektüre von Bauvorschriften und DIN-Normen. Oder mit der KSL- Konkret - Broschüre zur Barrierefreiheit.

Kontakt: Tel.: 0172-6591524 (zwischen 14 und 20 Uhr), Mail: mail@milton-merlano.de

Flyer Mitgliederwerbung, von Milton Merlano gestaltet