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Inklusionstag am Jobcenter Dortmund

11.11.2025
Ein Teil der Referierenden beim Inklusionstag stellte sich zum Gruppenfoto

Um seinen Kolleg*innen das Thema Inklusion nahezubringen hatte Dirk Henke, Inklusionsbeauftragter des Jobcenters Dortmund, Referent*innen aus unterschiedlichen Themengebieten zu einem Inklusionstag eingeladen. So konnten sich die Jobcenter-Mitarbeitenden am 29. Oktober intensiv mit verschiedenen Aspekten von Inklusion auseinandersetzen.

Vormittags lag der Fokus auf dem Thema Neurodiversität (Neurodivergenz). Dazu wurde sowohl ein Workshop (von Sabine Qymannn, Simone Goßling und Isabel Lüning) als auch ein Vortrag (von Sandra Stanisic) angeboten. Beide Angebote verdeutlichten, dass Neurodiversität (Neurodivergenz) in unserer Gesellschaft weit verbreitet ist und sie gaben Beispiele, wie sie sich in der (nicht darauf abgestimmten) Arbeitswelt auswirken kann.

Herausforderung Rollstuhlparcours

Danach wurde von der Reha- und Behindertensportgemeinschaft (von Petra Opitz) ein Rollstuhlparcours aufgebaut, auf dem die Jobcentermitarbeitenden in geliehenen Sportrollstühlen ihre Fahrgeschicklichkeit testen konnten.

Persönliches Budget und die Persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderung

Nachmittags ging es um das Themenfeld Persönliches Budget und Persönliche Assistenz. Daniela Herrmann von der Kontaktstelle Persönliches Budget/Persönliche Assistenz erläuterte einerseits die wichtige Rolle der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB®) als Anlaufstelle für Beratungssuchende und andererseits die Bedeutung des Persönliches Budget und der Nutzung von Persönlicher Assistenz für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Sie stellte verschiedene Assistenzjobs dar und wies auf die unterschiedlichen Voraussetzungen hin, die es für die Ausübung dieser Tätigkeiten braucht. Dabei wurde deutlich, dass eine berufliche Qualifikation nur für wenige der Assistenzjobs erforderlich ist, die persönliche Eignung und gute Kommunikation mit Assistenznutzenden aber umso wichtiger. 

Im Anschluss stellte Martina Hengesbach vom KSL.Arnsberg eine Kampagnenwebsite der KSL.NRW vor (https://www.ksl-nrw.de/de/assistenz), auf der sich sowohl Jobsuchende als auch Jobvermittler*innen über die Tätigkeit als Persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderung informieren können. Es sind dort unter anderem kurze Interviews mit Persönlichen Assistenzkräften und Assistenznutzenden zu sehen/zu hören. Sie zeigen anschaulich, wie unterschiedlich die Persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderung aussehen kann. 

Einfache/Leichte Sprache

Maren Zebrowski, ebenfalls vom KSL.Arnsberg, bat anschließend die Anwesenden darum, sich auf ein Gedankenspiel einzulassen. Jede*r sollte sich vorstellen, wie es wäre, in einem Land mit einer unbekannten Sprache, in eine Notsituation zu geraten und zu überlegen, was man sich in dieser Situation wünschen würde. Diese kurze Fantasiereise diente der Einführung in ihr Themengebiet der Einfachen und Leichten Sprache. Nach der Erklärung der Unterscheidungsmerkmale beider Sprachen brachte sie praktische Wortbeispiele aus dem Jobcenteralltag, um verständliche Alternativen zur Alltagssprache/Amtssprache aufzuzeigen.

Besser ignorieren: Assistenzhunde

Beim letzten Programmpunkt waren drei Assistenzhundetrainer*innen vor Ort: Jens Karius, Assistenzhundetrainer und 1. Vorsitzender Assistenzhunde Verbund, Stefanie mit Assistenzhund "Shadow" sowie Mira mit Assistenzhund "Kalea". Die beiden Hunde erregten sofort viel Aufmerksamkeit beim Publikum, die man ihnen im Alltag aber bewusst nicht schenken soll. 

Im Gegenteil: Assistenzhunde sollen nicht gestreichelt, auffällig beobachtet oder auf andere Art von ihrer Arbeit abgelenkt, sondern am besten weitgehend ignoriert werden. Jens Karius verdeutlichte mithilfe der beiden Hunde und ihrer Trainerinnen im Jobcenter, worin die Aufgaben verschiedener Assistenzhundetypen bestehen und erklärte auch, wie der rechtliche Status von Assistenzhunden in der Öffentlichkeit ist, bzw. wo es immer noch in der Akzeptanz hapert.

Beide Hunde-Trainerinnen-Teams beeindruckten, weil sich gut erkennen ließ, wie sehr Assistenzhunde in der Lage sind, die Lebensqualität von Menschen zu verbessern. „Shadow“ zeigte beispielsweise, wie er als Assistenzhund für Mobilitätseinschränkungen seiner Trainerin Münzen apportiert, eine Medikamententasche für Notfälle sucht oder seine Trainerin zu einer Tür führt, die er je nach Beschaffenheit auch für sie öffnen kann. Als Warnhund für Stoffwechselerkrankungen kann er  einen Migräneanfall frühzeitig ankündigen und diesen dadurch abmildern. Viele der dazu nötigen Assistenzhunde- Fähigkeiten sind angeboren. Sie lassen sich nicht antrainieren- wohl aber durch das Training herausbilden und nutzbar machen. Die passende Auswahl der Assistenzhunde im Welpenauswahl ist daher enorm wichtig. Es bedarf auch auf der Seite der Menschen, die von Assistenzhunden profitieren natürlich einer Offenheit dafür, mit einem Hund zusammenzuleben- und zusammenzuarbeiten. "Man muss schon ein Hundemensch sein", meint Jens Karius. Dann aber profitieren viele Menschen enorm von den Fähigkeiten der Assistenzhunde. Bei Autisten oder Menschen mit posttraumatischem Belastungssyndrom können Assistenzhunde unter Umständen Extremsituationen (Overload) abwenden, indem sie ihren Besitzer*innen rechtzeitig helfen, zu entspannen (dies demonstrierte "Kalea" sehr deutlich) oder indem sie warnen, dass sie die belastende Situation verlassen sollten. Entgegen ihrer guten Ausbildung geht in so einem Fall Arbeit vor Gehorsam, erklärte Jens Karius. Das bedeutet: Der Hund darf ungehorsam sein, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, falls seine Hinweise nicht beachtet werden.

Shadow führt Stefanie zur Tür
Shadow führt seine Trainerin zur Tür 
Shadow blickt in die Kamera
Assistenzhund Shadow
Jens Karius
Assistenzhundetrainer Jens Karius

Bisher sind nur Blindenführhunde unter bestimmten Voraussetzungen als Hilfsmittel anerkannt, so dass die Kosten für Ausbildung und Haltung anderer Assistenzhunde von den Nutzer*innen getragen werden müssen. Seit dem Juli 2021 gilt ein neues Assistenzhunde Gesetz, das die Duldungspflicht von Assistenzhunden in öffentlich zugänglichen Anlagen regelt. Die Assistenzhundeverordnung (A Hund V)  beschreibt, welche Hunde als Assistenzhunde anerkannt werden und wie sie mithilfe von Plaketten gekennzeichnet werden. Ein Problem ist die aktuell fehlende Zertifizierungsstelle für Assistenzhunde-Ausbildungsstellen. Nur zertifizierte Ausbildungsstellen dürfen Hunde für die anspruchsvollen Prüfungen ausbilden. Solange diese Voraussetzung nicht geregelt ist, kann keine neue Plakette vergeben werden – und dieser Zustand dauert bereits seit dem Sommer 2024 an. Die Prüf-Plakette ist jedoch, in Verbindung mit einem Ausweis der jeweiligen Besitzer nötig, damit die Assistenzhunde Zutritt zu allen Einrichtungen gesellschaftlichen Lebens bekommen, wie ihn die Assistenzhundeverordnung (A Hund V) regelt. Darauf weist auch der WDR in diesem Beitrag hin: https://www1.wdr.de/nachrichten/assistenzhund-pruefung-verordnung-100.html

Assistenzhund entspannt auf seiner Decke
Assistenzhund entspannt auf seiner Decke

 

 

Prüfplakette für Assistenzhunde
Plakette für geprüfte Assistenzhunde
Ausweis Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
Ausweis für eine Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft, die in keinem Fall voneinander getrennt werden darf.