Einmal jährlich laden das Sozialamt der Stadt Dortmund und der Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) zur Regionalplanungskonferenz ins Rathaus. Ursprung dieser Konferenzen ist der Gedanke, dass eine Kommune/Stadt in Kooperation mit dem LWL öffentlich die städtische Entwicklung in Themenbereichen Wohnen/Mobilität/Arbeit für "Menschen mit Behinderungen in der Eingliederungshilfe" abstimmt, unter Beteiligung der Träger von Hilfen und der Vertretungsorgane von Menschen, die dies betrifft.
Gruppen und Einzelinteressierte sind zur Teilnahme eingeladen, Stadt und LWL sind weiterhin beteiligt. Allerdings ist der gemeinsame Planungsgedanke in diesem Jahr nicht sichtbar geworden.
In der weihnachtlich geschmückten Eingangshalle des Rathauses saßen die Teilnehmenden an langen Tischen mit Blick auf eine Bühne - ohne Rampe. Das Moderatorenteam Jürgen Zart und Andreas Nitsche erklärten daher nach der Begrüßung durch Christoph Gehrmann vom Sozialamt der Stadt Dortmund, dass aus Gründen der Solidarität niemand von der Bühne aus, sondern alle davor stehend oder im Rollstuhl sitzend sprechen würden.
"Wir sind's! Die Inklusionsoffensive"
Das 2023 gegründete Bündnis '"Wir sind's!" Die Inklusionsoffensive' (vormals nur "Inklusionsoffensive) stellte sich vor und lud zu seinen viermal jährlich stattfindenden inklusiven Treffen ins Wilhelm-Hansmann-Haus ein. Sie möchten einen Rahmen bieten für alle, die sich im Bereich Inklusion engagieren wollen. Sie planen Konferenzen mit der städtischen Behindertenbeauftragten und Aktionen wie Begehungen um auf "Problemzonen" aufmerksam zu machen. Auf ein generelles Hindernis bei ihren Treffen wiesen sie hin: Menschen die in besonderen Wohnformen leben oder auch das Ambulant Unterstütztes Wohnen nutzen, fehlt oft die Persönliche Assistenz für die individuelle Teilnahme an solchen Treffen.
Persönlicher Erfahrungsbericht
Einen persönlichen Erfahrungsbericht zum Thema Mobilität in Dortmund gab Sebastian Lamprecht, der seit drei Jahren hier wohnt und arbeitet und dabei selbst meistens mit einem E-Rollstuhl unterwegs ist. Diese Tatsache hat ihm bereits mehrfach (auch nächtliche) unfreiwillige Fahrten bei Wind und Wetter durch die Stadt Dortmund beschert. Bei Unternehmungen wie einem spätabendlichen Restaurantbesuch gemeinsam mit seiner Frau, ebenfalls Rollstuhlnutzerin stellt sich anschließend immer die Frage: "Nimmt uns der/die Busfahrer*in mit oder nicht?"
Bei Fahrten mit der U-Bahn sei eine hydraulische Absenkung der Bahn zur Überbrückung einer Lücke zwischen Bahn und Bahnsteig zwar möglich, erfolge aber nicht an jeder Haltestelle. Warum das so sei vermutete ein anderer Rollstuhlnutzer vor Ort: Eine Bahn habe nur ausreichend Luft für zwei Absenkungen pro Fahrt. Sebastian Lamprecht wies in diesem Zusammenhang darauf hin, wie unterschiedlich die verschiedenen Städte die Barrieren zwischen Bahnsteigen und Fahrzeugen handhaben: in Berlin hätten alle Haltestellen klappbare Rampen, die im Bedarfsfall aufgebaut werden. In Bochum haben die Bahnen selbst klappbare Rampen an Bord. Und noch besser nutzbar seien die klappbaren Rampen in Essener Bahnen, weil sie breiter und lang genung seien, so dass die Steigung immer gut zu bewältigen sei.
Die Wortmeldungen der Anwesenden zeigten, wie viele Menschen sich beim Thema Mobilität massiv benachteiligt fühlen. Sebastian Lamprecht moderierte und appellierte an die Dortmunder Verkehrsbetriebe (DSW), offen mit Menschen mit Behinderung zu kommunizieren um die Situation soweit wie möglich zu verbessern.
Selbstbestimmt mobil?
Das Schwerpunktthema Mobilität betrifft alle Menschen, Menschen mit Behinderung allerdings in besonderer Weise. Individuelle Fortbewegungsmittel wie Roller, Fahrrad, Motorrad oder Auto stehen vielen von ihnen aufgrund der Einschränkungen oder einer damit verbundenen fehlenden Finanzierungsmöglichkeit nicht zur Verfügung. Nur in den seltensten Fällen kommt eine Förderung für den Führerschein und/PKW-Anschaffung durch die Eingliederungshilfe infrage.
Der ÖPNV als Alternative ist nach wie vor barrierenbehaftet. Sei es durch die baulichen Gegebenheiten der Haltestellen, die unterschiedlichen Fahrzeugtypen, die keinen durchgängigen Zugang für Menschen mit Behinderung bieten. Oder durch Regelungen hinsichtlich einer Mitnahme mehrerer Rollstuhlnutzer in Bussen oder des Einsatzes von Busrampen, die diskriminieren und deren Hintergründe weder einheitlich noch transparent kommuniziert werden.
Krankenfahrten werden in begrenztem Umfang kostenerstattet, sind aber immer rechtzeitig anzumelden und auch nicht allerorts und jederzeit verfügbar ("nach 17 Uhr kein Fahrdienst"). Wenn mobilitätseingeschränkte Menschen ein Taxi nutzen wollen, müssen sie mit deutlich höheren Kosten rechnen, als Menschen ohne Behinderung. Zum einen nimmt nicht jede(r) Taxifahrer*in eines "Normtaxis" jederzeit Menschen mit Aktiv-Rollstuhl mit, trotz Beförderungspflicht: Das Mitnehmen eines Menschen im Aktiv-Rollstuhl mit Zusammenklappen desselben für den Transport wird teilweise verweigert. Mancherorts wird die teure Nutzung eines Spezialtaxis mit Rampe erwartet, selbst wenn sie nicht notwendig/gewünscht ist. Andernorts gibt es für Nutzende von schweren E-Rollis keine ausreichende Kapazität von Taxen mit Rampe.