
Samstag, 10. Mai, zur üblichen Marktzeit in Lüdenscheid: Stelzenmann Marco Köhler lockt im Clownskostüm die Menschen von draußen ins Rathausinnere. Akteure aus Lüdenscheid und Umgebung sorgen heute dafür, dass auch drinnen einiges los ist: Die ehrenamtliche Behindertenbeauftragte der Stadt Lüdenscheid, Monika Schwanz, und Mitorganisierende haben Vereine, Organisationen, Dienstleistende und Projekte dazu eingeladen, hier bei einem Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung mitzuwirken.
Direkt ins Auge fallen beim Betreten des Foyers das Café „Kleiner Prinz“, das mit Kaffee und Kuchen lockt, sowie ein großflächiger Rollstuhlparcours vom KV-MK für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V. Es herrscht von Anfang an ein reger Austausch zwischen Besucher*innen und Anbieter*innen. Zur offiziellen Eröffnung wird es dann ordentlich laut, denn die Musikband Eygelb (Ltg. Markus Stumpf) sorgt mit Gesang und Percussion dafür, dass Bürgermeister Sebastian Wagemeyer und Monika Schwanz die ungeteilte Aufmerksamkeit für ihre Grußworte zuteilwird.

Danach laden Infostände rundum zu einem Austausch über ihren jeweiligen Fachgebiete ein. Inklusive dem KSL Arnsberg. Wir sind 2025 erstmalig mit einem Infostand vor Ort und haben uns eine kleine Mitmachaktion ausgedacht: Auf Pappschildern können Besucher*innen die folgende Frage beantworten: „Was wünschen Sie sich, damit Ihr Wohnort barrierefreier wird?“
Manchen Besucher*innen fällt direkt etwas ein, das sie auf die Pappe schreiben möchten, andere denken länger darüber nach. Am Ende haben wir einige Pappen, selbst beschrieben oder mit unserer Hilfe erstellt, die viele Wünsche deutlich machen. Es geht um städtebauliche Verbesserungen vor Ort in Lüdenscheid, aber auch um nötige technische Verbesserungen in der Kommunikation von Menschen mit Sinneseinschränkungen im Allgemeinen.
Viele Besucher*innen haben ihre Mobilitätshilfen dabei: Rollatoren und Rollstühle sind stark vertreten. Kein Wunder, dass eine bessere Nutzbarkeit der öffentlichen Wege mit diesen Hilfsmitteln gewünscht wird: Gehwege ohne Stolperfallen, Rampen vor Restaurants, längere Grünphasen an Ampeln, abgesenkte Bordsteinkanten an Ampeln und rücksichtsvolle Busfahrer*innen sind dieser Gruppe wichtig. Schlechte Erfahrungen bei gemeinschaftlicher Nutzung von Wegen führen dazu, dass eine Fußgängerin sich die strikte Trennung von Radfahrenden und Gehenden wünscht. Eine andere Dame möchte das Radfahren entlang vielbefahrener Straßen sicherer machen, und findet, dass es dort mehr Radwege geben müsste.
Mehrfach wird auch darauf hingewiesen, dass in Lüdenscheid generell mehr öffentliche Toiletten und vor allem auch öffentliche Toiletten für Menschen mit Behinderung benötigt werden.
Gleich die ersten Wünsche auf unseren Pappschildern drehten sich darum, wie die Kontaktaufnahme von Menschen mit Höreinschränkungen zu Behörden, Ämtern oder Ärzten verbessert werden kann: Es wurde hierfür die Nutzung von E-Mail und WhatsApp vorgeschlagen. Bei gleichzeitiger Lockerung des Datenschutzes für die Personengruppe der Menschen mit Höreinschränkungen, damit die Kommunikation über diese Dienste oder über Assistenten*innen ohne rechtliche Probleme geführt werden kann. Letzteres ist vermutlich zu diskutieren. Ein weiterer Besucher macht darauf aufmerksam, dass die Situation in Fahrstühlen im Fall einer Störung für Menschen mit Höreinschränkungen viel angsteinflößender ist als für Hörende: Sie können in so einem Fall keine erklärende Nachricht von außen verstehen, weil diese standardmäßig nur über ein Lautsprechersystem erfolgt. Hier wäre die Einrichtung von Videotelefonie geboten, am besten in Kombination mit Schriftdolmetschung.

Eine weitere Pappenautorin hat uns einen emotionalen Wunsch aufgeschrieben, der allerdings von außen nicht zu erfüllen ist: „Ein Herz ohne Schmerz, ohne Kummer und ohne Leid“ wünscht sie sich und anderen.
Im Ratssaal hörten viele passend dazu den Vortrag von Sebastian Schierhoff zum Thema „Depression“.
Fröhlich wurde die Stimmung, als die Kinder der Kita Kinderplanet im Foyer sangen und tanzten. Viele lächelnde Gesichter und lauten Applaus gab es dafür. Stelzenmann Marco war nachher lange damit beschäftigt, allen Kindern Luftballontiere auf Wunsch zu zaubern. Der Werkstattchor (Ltg: Markus Hartkopf) und „Die Handycaps“ aus der Integrativen Kulturwerkstatt (Ltg: Thomas Wevers) sorgten ebenfalls für beste Unterhaltung im Rathaus. Und gleich mehrfach war der Rapsong der EUTB® zu hören, der auf deren großartiges Angebot der kostenlosen und unabhängigen Beratung in Sachen Teilhabe aufmerksam macht.
Falls es im nächsten Mai wieder heißen sollte: Wir planen einen Aktionstag im Rathaus Lüdenscheid wären wir vom KSL Arnsberg gerne wieder dabei- aber unser „Pappenwunsch“ wäre, dass sich innerhalb des kommenden Jahres wenigstens einige Punkte in Sachen Barrierefreiheit verbessern.