Zu häufig werden die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung unterschätzt und daher unzureichend oder überhaupt nicht als mögliche Fachkräfte von Morgen wahrgenommen. Die Lage der Menschen mit Behinderungim Bereich der beruflichen Bildung muss daher noch immer als prekär eingeschätzt werden.
Gründe dafür sind zum Beispiel: Die leistungs- und defizitorientierte Betrachtung junger Menschen, fehlende Barrierefreiheit im Zugang und der Durchführung von Schule, geringer bis fehlender Durchlässigkeit zwischen Qualifizierungs-und Ausbildungsketten oder auch die fehlende Bereitschaft von Unternehmen, Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszubilden oder einzustellen. Verschärft wird ihre Situation in der beruflichen Bildung nun zusätzlich durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie.
Vor diesem Hintergrund fand auf Einladung der Berliner Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Christine Braunert-Rümenapf, am 15. und 16. März 2021 die 61. Konferenz der Beauftragten für Menschen mit Behinderung im Online-Format unter dem Thema „Berufliche Bildung“, mit Fokus auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildungs-und Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behinderung statt.
Die Konferenzteilnehmer begrüßten zu Beginn die Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Elke Breitenbach. Neben den Beauftragten waren auch die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, das Deutsche Institut für Menschenrechte sowie Vertreter und Vertreterinnen aus Wissenschaft und Verwaltung am Austausch beteiligt.
Im Ergebnis wurde eine Erklärung verabschiedet. In der gemeinsamen „Berliner Erklärung“ fordern die Beauftragten den Auf-und Ausbau eines Berufsbildungssystems, das in seinen Rahmenbedingungen die Belange von Menschen mit Behinderung umfassend berücksichtigt.
Christine Braunert-Rümenapf, Berliner Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung: „Ziel der beruflichen Bildung muss die barrierefreie und gleichberechtigte Gestaltungsmöglichkeit einer individuellen Bildungs-und Berufsbiografie sein. Die gesellschaftliche Teilhabe muss gewährleistet sein, das Wunsch- und Wahlrecht sichergestellt und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auffangen werden.“
Jürgen Dusel, Bundesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen: „Gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsleben ist der Generalschlüssel für Inklusion. Die steigende Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen mit Behinderungen muss uns daher ein Alarmsignal sein, auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels. Bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen ziehen sich viele Unternehmen trotz gesetzlicher Verpflichtung seit vielen Jahren aus der Verantwortung. Das ist nicht akzeptabel. Für die Arbeitgeber, die wirklich keinen einzigen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen, muss daher die Ausgleichsabgabe zumindest verdoppelt werden.“
Matthias Rösch, Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen des Landes Rheinland-Pfalz: „Ausbildung im regulären Betrieb muss für junge Menschen mit Behinderungen die Regel werden und nicht die Ausnahme sein wie heute. Das ist gemeinsame Aufgabe für Wirtschaft, Reha-Träger und Schulen. Für mich ist die Erhöhung der Ausgleichsabgabe notwendig, um mehr Bereitschaft zu inklusiver Ausbildung und Beschäftigung in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes zu erreichen.