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Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zu Arbeitsassistenz

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Das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem Urteil vom 23.01.2018 eine Grundsatzentscheidung zur Arbeitsassistenz getroffen: Arbeitsassistenz ist auch für eine selbstständige Tätigkeit möglich. Das gilt nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auch dann, wenn dafür eine andere, unselbstständige Tätigkeit reduziert wurde (Aktenzeichen 5 C 9.16).

Arbeitsassistenz sei als „begleitende“ Hilfen „im Arbeitsleben“ als langfristige, evtl. dauerhafte Unterstützung angelegt. (Drohende) Arbeitslosigkeit sei deshalb keine Voraussetzung für Arbeitsassistenz. Es bestehe ein Anspruch auf Unterstützung auch in laufenden Tätigkeiten.

Arbeitsassistenz solle behinderungsbedingte Nachteile ausgleichen, damit Menschen mit Behinderung die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben wie Menschen ohne Behinderung.

Menschen mit Behinderung dürften ihre beruflichen Tätigkeiten nach Belieben wechseln und verändern, so wie es Menschen ohne Behinderung ebenfalls zugestanden werde. Diese Entscheidungen dürften unabhängig davon getroffen werden, inwieweit dazu ggf. Arbeitsassistenz benötigt werde.

Dieses Verständnis werde durch das dem Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention und das diesem Artikel zugrundeliegende Menschenbild gestützt.

Begrenzte Finanzmittel aus der Ausgleichsabgabe rechtfertigten es nicht, generell bestimmte Teilgruppen von Arbeitsassistenz auszuschließen. Es seien jeweils die Voraussetzungen eines Anspruchs zu prüfen.

Im konkreten Fall bestand noch Aufklärungsbedarf durch die Vorinstanz, bei welchen konkreten Arbeitsinhalten im Rahmen der selbstständigen Tätigkeit Assistenz gerade behinderungsbedingt notwendig ist. Zuarbeitende Tätigkeiten sind im Rahmen von Arbeitsassistenz nicht förderfähig, soweit sie bei selbstständig Tätigen üblicherweise durch angestellte Arbeitnehmer erledigt werden.

Kommentar des KSL Arnsberg:

Das Bundesverwaltungsgericht hat erfreulich deutliche Ausführungen zur Funktion von Arbeitsassistenz als Nachteilsausgleich und zur Ermöglichung von Chancengleichheit gemacht.

Der Vergleichsmaßstab sind ausdrücklich diejenigen Möglichkeiten, die Menschen ohne Beeinträchtigung ebenfalls offenstehen. Kostengesichtspunkte dürften in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen. Vor allem ist die gewünschte Tätigkeit entscheidend. Es kommt nicht etwa darauf an, ob eine andere Tätigkeit ohne Arbeitsassistenz möglich wäre, die „gut genug“ ist, um davon leben zu können.

Diese Maßstäbe bieten auch Argumente für berufs- und ausbildungsbezogene Nachteilsausgleiche jenseits von Arbeitsassistenz. In Betracht kommen etwa Hilfsmittel oder berufsbezogene Fort- und Weiterbildungen oder Umschulungen.

Lesen Sie dazu auch die Kommentierung des Klägervertreters.